Weingut Schenk-Siebert – Stille Helden der Nordpfalz

Versteckt im Rebenmeer des Leininger Lands - An der Spitze des Pfälzer Walds, dort wo sich die nördliche Pfalz öffnet und es nahtlos übergeht in das rheinhessische Rebenmeer befindet sich das Städtchen Grünstadt.
Weingut Schenk-Siebert – Stille Helden der Nordpfalz

Es gibt hier kaum Industrie oder großes Gewerbe mit Ausnahme der Südzuckerraffinerie. Die Menschen pendeln zum Arbeiten nach Ludwigshafen und Kaiserslautern oder sie beschäftigen sich eben mit Wein. Wein und Tourismus spielen hier im sogenannten Leininger Land eine sehr gewichtige Rolle. Unzählige Betriebe befinden sich hier im „Hinterland“ von Rheinland-Pfalz. Erst spät hat sich eine überregionale Bekanntheit für den Wein aus dem Leininger Land eingestellt. Vorreiter waren heutige VDP-Betriebe wie Phillip Kuhn oder Knipser. Hinter diesen Ausnahmebetrieben, die sich zurecht einen gewissen Preis für ihre Qualitäten zahlen lassen, entdecken wir immer wieder bewundernswerte Weingüter. Aber die muss man gezielter suchen, denn häufig begnügt sich der Konsument mit ein oder zwei berühmten Marken und sieht dann das Feld (in dem Falle die Nordpfalz) für abgedeckt. Immer ein großer Fehler, wenn man nur an der Oberfläche kratzt und einen dieser stillen Helden der deutschen Weinwirtschaft übersieht: Das Weingut Schenk-Siebert dreht in den letzten Jahren erheblich an der Qualitätsschraube und wird in der nächsten Zeit noch viel von sich reden lassen.

Seit 1675 ist die Familie in Grünstadt mit dem Wein verbunden.

Warum ist der Betrieb bestens gerüstet für die Zukunft?

Das Weingut gibt es schon sehr lange. Seit 1675 ist die Familie in Grünstadt mit dem Wein verbunden. In der x-ten Generation profitiert enorm von der ruhigen Hand der Eltern und verbindet sie perfekt mit der Dynamik und Innovationskraft der Kinder. Im aktuellen Fall sind es gleich zwei Söhne, die die Winzerlehre hinter sich und respektive an der Uni Geisenheim Önologie studiert haben und weltweit auf renommierten Weingütern Erfahrung sammeln konnten. Vater Gerhard und Mutter Hildegard bringen ihre Jahrzehnte lange Erfahrung mit ein, während die Söhne Christoph und Johannes neue Anregungen und Ideen von ihrer Arbeit auf Weingütern in Südafrika und Kalifornien mit nach Hause gebracht haben. Es wird auf Zukauf von Trauben verzichtet, um alle Produktionsschritte in der Hand behalten zu können. So können sie als Familienbetrieb, der alle Entscheidungen gemeinsam trifft, für eine konstante Qualität sorgen.

Sie sind Spezialisten für drei äußerst renommierte Rebsorten: Riesling, Chardonnay und Spätburgunder. Diese Rebsorten wachsen im Leininger Land vor allem auf kalkhaltigen Böden, die speziell für diese Rebsorten eine Grundlage für kraftvolle und präzise Weine bietet. Bei Schenk-Siebert ist man aber auch sehr stark im Süßweinbereich (siehe TBA Kirchheimer Schwarzerde), beim Rosé und bei Rotwein-Cuvées aus Bordeauxrebsorten. Das erinnert mich alles übrigens sehr an Philipp Kuhn, der auch alles sehr gut kann.

Jeder kann was finden, von Basis bis Premium und sie produzieren diese Weine nicht wie so viele andere nur homöopathischen Mengen. Das heißt, sie sind kein kleiner Nischenproduzent, sondern bedienen große Segmente des Weinmarkts. Mit 38 Hektar ist Schenk Siebert ein großer Familienbetrieb, der ungefähr 250000 Flaschen im Jahr selber vermarktet. Gegliedert werden diese in drei Kategorien: Gutsweine, Ortswein und Lagenweine. Die Gutsweine sind unkomplizierte Alltagsweine für herzhafte Brotzeiten und Gartenpartys. Ortsweine spiegeln das Grünstädter Kalkstein-Terroir wieder, sind deutlich komplexer, da sie deutlich länger auf der Hefe ruhen gelassen werden und in einigen Fällen ein dezenter Holzfassausbau erfolgt. Die Lagenweine sind der ganze Stolz der Familie und können sich in punkto Ausdrucksstärke mit den großen Weinen Deutschlands messen.

Hier ein paar Beispiele:

Sausenheimer Hütt Riesling Alte Reben

Durch und durch eine Bank in jedem Jahr. Die alten Reben sind die beste Parzelle der Lage Hütt und werden getrennt gelesen und vinifiziert. Sie ertragen Dürre und Wetterkapriolen mit stoischer Ruhe, tragen weniger dafür konzentriertere Frucht und bringen eben diesen kraft- und druckvollen Riesling auf die Flasche – typisch Pfalz.

Neuleiniger Feuermännchen Spätburgunder

Besonders hervorzuheben wäre hier der Neuleiniger Feuermännchen Spätburgunder, dem sagenhafte 95 Punkte in der britischen Fachzeitschrift Decanter verliehen wurde. Ein Top-Lagenwein mit vollreifer Cassis- und Sauerkirschfrucht, ausgebaut für 24 Monate in französischen Tonneaux. Kommt absolut trinkfertig auf den Markt, da mit dem Neuholzanteil sehr vorsichtig umgegangen wird. Er kostet um die 20€, kämpft aber in deutlich höheren Gewichtsklassen mit.

Neuleiniger Feuermännchen Spätburgunder Reserve

Die besten Trauben der besten Parzelle der Lage Feuermännchen werden separat vinifiziert und für 24 Monate in neuem Holz ausgebaut. Ein fleischiger Spätburgunder mit rauchigen Aromen, sehr dicht, konzentriert und gewichtig. Hier sollte man noch ein wenig Geduld aufbringen und ihn ruhen lassen bis er seine volle Pracht entfalten kann. Vier-Fünf Jahre nach der Füllung beginnt er sich zu harmonisieren und bleibt dann jahrelang auf seinem Genußplateau. Der Wachsverschluss um den Korken herum zeigt, dass hier keine große Menge hergestellt wird.

Exkurs: Wie groß sind eigentlich die Weingüter in Deutschland?

Weinproduzierende Betreibe in Deutschland haben im Schnitt so 7 Hektar, davon sind viele auch sehr kleine Nebenerwerbswinzer, die an Genossenschaften oder Weinkellereien liefern. Ihre Zahl sinkt erheblich, für viele rentiert es sich einfach nicht mehr, viel Arbeit, wenig Ertrag. Also werden die Flächen dauerhaft verpachtet oder verkauft. Die Zahl der selbstvermarktenden Winzer sinkt auch leicht. Allerdings nicht so drastisch wie bei den genossenschaftlich organisierten. Die übrigbleibenden Betriebe werden also nach und nach größer und vermarkten größere Mengen. Im weltweiten Vergleich sind sie aber hier in Deutschland immer noch recht klein. Wenn man qualitativ hochwertigen Wein herstellen möchte, macht man mit 7 Hektar in guten Jahren vielleicht 50 000 Flaschen. Sie können sich vorstellen, dass eine Familie nur davon leben könnte, wenn man jede diese Flaschen für viel Geld verkaufen würde. Man braucht ab einer gewissen Größe, die recht schnell erreicht ist, festangestellte Mitarbeiter. Ein durchschnittlicher selbstvermarktender Betrieb in Deutschland ist als 15-25 Hektar groß und stellt so 150 000 Flaschen her. Groß ist das noch lange nicht. Viele erfolgreiche Weingüter haben so um die 30-60 Hektar, mittelgroß könne man das nennen. Die großen Privatweingüter in Deutschland sind ungefähr 100 Hektar groß wie zum Beispiel Johannes Leitz, Markus Molitor oder Hans Wirsching. Dann gibt es noch die Würzburger Spitäler oder Staatsweingüter, die über deutlich mehr Fläche verfügen. Das sind aber definitiv keine Familienweingüter, sondern Gesellschaften mit öffentlichen oder kirchlichen Trägern.

05.05.2022
Datum:
Artikel: Weingut Schenk-Siebert – Stille Helden der Nordpfalz
Quelle: https://blog.inbarrique.de/14

Cookies

Diese Seite verwendet Cookies? Mit klicken auf Akzeptieren gestatten Sie deren Einsatz.