Weingut Lenhardt an der Mosel

Die Tradition von Klein- und Kleinstbauern, die steile und steilste Lagen bewirtschaftet haben, macht die Mosel zur Schatzkammer für all die, die konsequent auf Qualität setzen.
Weingut Lenhardt an der Mosel

Bei einer Hangneigung von 60% kann man nicht kostengünstig arbeiten. Wer hier einen Betrieb führen möchte, wird besonders gute Weine machen wollen, sonst wird sich das alles hier nicht rentieren. Wenn man sich allerdings traut, das Potenzial aus den großartigen Lagen der Mosel heraus zu kitzeln, wird mit unnachahmlichen Weinen belohnt und das wird sich definitiv lohnen. Der Markt dafür ist wieder da. Eine solche Reise haben 2017 die Geschwister Eva und Christian Lenhardt begonnen. Heute sehen wir, dass sie auf einem hervorragenden Weg sind. Auch Stephan Reinhardt, dem Robert-Parker-Verkoster für Deutschland, ist dies aufgefallen. Mit 93 Punkten bewertete er den 2019er Zellerberg Riesling und schon richten sich die Scheinwerfer auf dieses kleine Weingut Lenhardt aus dem eher unbekannten Mehring an der Mittelmosel.

Mosel-Crashkurs (ohne Zahlen und Fakten)

Die Mosel ist ein relativ langer Fluss, der sich fleißig entlang der Weinberge bis nach Koblenz mäandert, wo er auf den Rhein trifft. Überall wächst Wein an den vom Schiefer geprägten Hanglagen. Es ist steil, es ist geheimnisvoll, es ist weit weg vom hektischen Trubel einer Großstadt. Im Frühling ist alles grün, im Winter häufig weiß vom Schnee, im Herbst dann gelb und rot von den welken Blättern. Zwischen den Jahreszeiten ist alles grau, blau und schwarz, immer dann, wenn man den Schieferboden der Weinberge sehen kann – jedenfalls ist die Mosel immer ein Spektakel für Naturliebhaber. Und genauso spektakulär und facettenreich sind die Weine der Mosel. Als Weinbaugebiet nimmt die Mosel eine besondere Stellung ein. Deutschland ist international vor allem für Riesling bekannt. Und nirgends wird der Riesling so elegant und feingliedrig wie an der Mosel. Wenn man Weinliebhaber aus dem Ausland nach deutschen Weinen fragt, fällt als erstes immer der Name Mosel. Zahlreiche Betriebe haben es zu Weltruhm gebracht und trotzdem ist die Region strukturschwach. Die Weine wurden in Deutschland sehr lange stiefmütterlich behandelt. Jahrzehnte lang hat der deutsche Markt die feinen Weine der Mosel weitgehend ignoriert. Die Stars dagegen exportierten fleißig. Im englischsprachigen Markt ist die Begeisterung für Moselriesling seit eh und je ungebrochen. Es gibt weltweit eine kleine Gemeinde an Riesling-Fans, für die die Mosel der Heilige Gral ist. Und diese Gruppe ist zusammengenommen immer noch groß genug, um die Mosel am Leben zu halten.

Zeitloser Stil

Wir haben es einflussreichen Weinpersönlichkeiten wie Michael Broadbent und Jancis Robinson zu verdanken, dass die Fahne des Moselrieslings im 20. Jahrhundert hochgehalten wurde. Das liegt an einem ganz bestimmten Weinstil, der so zeitlos ist wie kaum ein anderer: Der fruchtsüße Riesling mit Prädikat. Da kommt so vieles zusammen, was zusammengehört. Cool climate - die Mosel liegt als Weinbaugebiet sehr nördlich. Eine Rebsorte, die wie keine andere überbordende Frucht, messerscharfe Präzision und ein Gefühl für Terroir zusammenbringt. Und sie schmeckt übrigens gar nicht so süß, weil der Riesling offenbar sehr intelligent ist. Er vergärt nämlich zuerst die Glukose und wenn man die Gärung unterbricht, ist nur noch Fruktose als Restzucker übrig und die schmeckt nicht so spitz. Dieses Wissen, wie man mit dem Weinen umzugehen hat, ist die Tradition der Mosel und wir können uns so freuen, dass sie beharrlich geblieben sind und diesen fruchtsüßen Stil beibehalten haben. Es sind heiter strahlende Weißweine, die magisch und mühelos wirken.

Hip Hip Hurra – der Kabi ist wieder da

Heute ist die Mosel wieder hip, insbesondere auch deswegen, weil der süße Moselriesling nicht mehr abgelehnt wird. Es ist mittlerweile das komplette Gegenteil. Kabinett und Spätlese mit sieben bis neun Prozent Alkohol liegen total im Trend. Kabiiiii!!!!! hört man die Jugend rufen. Nirgends gibt es so viel Geschmack bei so wenig Alkohol. Auch das Bisschen mehr an Zucker ist doch ganz nice!... So viel Zug, so eine Fruchtexplosion am Gaumen! Über die bekannten Namen an der Mosel wie Molitor, Prüm, van Volxem, Zilliken und Haag wurden schon ganze Flüsse an Tinte verschrieben. Da wird man schnell fündig. Immer noch viel zu selten werden aber die Weingüter der zweiten Reihe besungen – wie Immich-Batterieberg, Ansgar Clüsserath oder Frantzen. Und dann gibt es noch die Kategorie, die spannender als je zuvor ist: Kleine Familienbetriebe, die durch einen Generationswechsel vor eine Entscheidung gestellt wurden. Mach ich weiter oder lass ich’s lieber sein? Wenn ja, dann aber richtig konsequent und modern. Und genau so eine Geschichte ist die von den Lenhardts.

Zwei Geschwister, die einfach Bock drauf haben...

Wie läuft der Generationswechsel bei einem Weingut ab, wenn mehr als ein Kind da ist? Da gibt es so viele Modelle wie es Betriebe gibt. Meistens ist es ein Nachkomme, der den Betrieb übernimmt und die anderen auszahlt. Bei Eva und Christian Lenhardt ist es aber anders. Das Weingut ist für beide eine Herzensangelegenheit. Sie halten zusammen und bringen das Familienweingut zusammen mit der Mutter Christa nach vorne. 2017 haben sich die Kinder nach dem Önologie-Studium in Geisenheim und zahlreichen Auslandspraktika fürs Weingut zuhause entschieden und begonnen zu renovieren. Ein wunderschöner Verkostungsraum mit Blick auf die spektakuläre Moselschleife ist entstanden. In neue Technik wurde investiert, denn seit 2001 wurden hier keine Weine mehr gefüllt, sondern nur noch Fassweine hergestellt. Gute Weinlagen kamen dazu, allerdings nicht viel. Etwa 6 Hektar sind es insgesamt. Die Arbeiten werden zu dritt erledigt. Keine weiteren Festangestellten werden benötigt. Übrigens alle drei (auch die Mutter) haben Weinbau und Önologie studiert. Für ein Weingut ist das ein absoluter Luxus in Sachen Wissenstransfer und Flexibilität. Handarbeit und Herzblut heißt ihr überzeugend wirkendes Credo. Was für ein schönes Gefühl das sein muss, wenn man sieht, dass beide Kinder gemeinsam die Familiengeschichte fortführen. Wir können sehr gespannt sein, wohin es sie führen wird.

Das Sortiment

Lenhardts Weine folgen nur vordergründig dem überall in Deutschland verbreitetem dreistufigen Qualitätsmodell. Gefühlt jedes noch so kleine Weingut vermarktet nach Guts-, Orts- und Lagenweine. Das trifft zwar formal zu, aber nicht alle Weinstile werden durch die Qualitätsstufen dekliniert. Ein eigenwilliger, aber sehr persönlicher Zugang: Die Gutsweine sind trocken und knackig, auf der unkomplizierten Schiene unterwegs. Die Ortsweine hingegen bewusst nicht trocken, sondern werden feinherb und halbtrocken ausgebaut sind. Ich finde das phantastisch und auch konsequent vom Weingut Lenhardt zu sagen: Das ist der beste Stil für unsere Herkunft Mehring. Sie werden nicht in ein karges Korsett gezwängt. Die besten Lagen hingegen werden wieder trocken ausgebaut, um die speziellen Terroir-Eigenschaften zu betonen.

Gutsweine

Die Gutsweine markieren den Einstieg in Lenhardts Weinwelt. Frisch, duftig, trocken. Der Löwenanteil liegt hier beim Riesling. Sie machen auch Rivaner und einen hervorragenden Weissburgunder, jedoch ist der filigran-fruchtige Riesling mit seinen Steinobstaromen und dieser unnachahmlichen Leichtigkeit ist einfach das, was sie am besten können. Diesen animierenden Weinstil beherrscht man hier mit einem Selbstverständnis wie aus dem Einmaleins. Ein Wein mit einer direkten und überzeugenden Einfachheit, wie aus der Pistole geschossen.


Ortsweine

Die Auswahl an Ortsweinen ist überschaubar. Es gibt Mehringer Riesling feinherb und Mehringer Riesling Kabinett. Wie gesagt, Ortswein gibt’s nur mit ein bisschen Restsüße. Für viele Verbraucher klingt das vielleicht abschreckend, weil sie niemals von sich behaupten würden, nicht trocken zu trinken. Der Feinherbe schmeckt am Gaumen aber trocken. Wir haben es mit einem dieser wunderbar eleganten Rieslingen zu tun, der jedem aber auch wirklich jedem ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Auch dem noch so staubtrockenem Trockentrinker. „Schuld“ daran ist dieses meisterhafte Süße-Säure-Spiel. Das ist dieser zeitlose Weinstil, von dem ich Eingangs sprach und der nirgends auf der Welt so gut gemacht wird wie hier an der Mosel.


Lagenweine

Global warming hat einen sehr positiven Effekt auf die trockenen Moselweine gehabt. Die Trauben wurden früher häufig nicht reif. Heute ist das kein Problem mehr. Es gibt immer mehr Große Gewächse von der Mosel. Also trockene Premiumweine, die die Besonderheiten der einzelnen Lagen herausarbeiten. In Mehring verfügen die Lenhardts über Reben in den altehrwürdigen Lagen Blattenberg (Devonschiefer mit Quarziteinlagerungen) und Zellerberg (Grauer Tonschiefer). Der Zellerberg Riesling Trocken 2020 kommt aus einer warmen nach Südwesten exponierten Lage. Überraschend üppig und vollmundig. Nach und nach entfalten sich exotische Fruchtaromen, die aufgefangen werden von einem sanften und doch markant schmelzigen Säure. Einfach nur umwerfend. Großes Kino!

16.05.2022
Datum:
Artikel: Weingut Lenhardt an der Mosel
Quelle: https://blog.inbarrique.de/15

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