Miguel Torres Chile

Ist das Haus Torres vielleicht die berühmteste Weinmarke der Welt? Das mittlerweile globale Unternehmen mit katalanischen Ursprüngen ist tatsächlich immer noch ein Familienunternehmen und genießt einen außerordentlich guten Ruf. Was viele nicht wissen: Auch in Chile gehört man zu den führenden Weingütern.
Miguel Torres Chile

Torres - schon mal gehört? 

Irgendwie gehören Torres-Weine zu Spanien wie der Osborne-Stier zum Bild der Landstraßen im verlassenen Inland. Welcher Spanien-Tourist der frühen Stunde kennt sie nicht, den Sangre de Toro, den Viña Sol oder die überaus erfolgreichen Brandys? Kilometer lange Regale voll mit Torres-Flaschen in den großen Hypermarchés. Für wenige Peseten wanderten jedes Jahr Millionen von Flaschen in die Einkaufswägen. Und die Qualitäten dafür waren atemberaubend gut, sodass nicht nur Touristen zugegriffen haben. Für die Spanier war und ist Torres ein Garant für guten Wein. Dass es Weine von Torres überall zu kaufen gab und man diesen tollen Urlaubswein auch zuhause wieder finden konnte, das hat das Haus Torres nach und nach auf der ganzen Welt bekannt gemacht. Das ist aber nur der eine Teil der erfolgreichen Torres-Story. Der andere Teil setzt auf Glamour und Prestige. Durch diese doppelte Strategie hat Torres eine neidlos anerkannte Strahlkraft wie kein anderes Unternehmen in der Weinbranche. 

Von den Anfängen bis Miguel A. Torres

Im Laufe der Torres-Familiengeschichte hat es viele Miguels gegeben. In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts kehrt Jaime Torres Vendrell aus Cuba in die katalanische Heimat zurück. Er hat in der noch zur spanischen Krone gehörenden Kolonie gute Geschäfte gemacht, schließt sich jetzt aber seinem Bruder Miguel an. Die Idee ist es, Weine nach Cuba und sukzessive dem ganzen amerikanischen Kontinent zu exportieren. Sie gründen im Penedés 1879 zusammen die „Casa Torres y Compañía, cosechero y exportadora de vino“. 

Miguels Sohn Juan Torres Casals beginnt 1928 mit einem zweiten Standbein, für das das Haus Torres sehr berühmt werden wird: Destillation von Brandy. Marken wie Torres 10 und Torres Hors d’Âge werden rasch Exportschlager, auch für den ganzen lateinamerikanischen Kontinent. Die dritte Generation unter Miguel Torres Carbó navigierte durch die stürmische Zeit der Weltkriege. Auch wenn Spanien an ihnen nicht direkt beteiligt war, litt das Land unter der weltweit schlechten wirtschaftlichen Lage und insbesondere auch am eigenen Bürgerkrieg zwischen 1936-39. Da ab 1940 Frankreich von deutschen Truppen besetzt war, brach der Export französischer Weine in die USA und Großbritannien komplett ein. Diese Marktlücke erkannte Miguel Torres Carbó und intensivierte die Handelsbeziehungen zu diesen Ländern. Unter seiner Führung begann man selbst abzufüllen und die legendäre Marke Sangre de Toro wurde 1954 lanciert. Dieser Pioniergeist in schwierigen Zeiten rettete das Unternehmen und sicherte die Zukunft.

Unter seinem Sohn Miguel A. Torres („der“ berühmte Torres) kommt dann der richtige Durchbruch. Er übernimmt in den 1960er Jahren das Weingut in der vierten Generation und macht es nicht nur mengenmäßig richtig groß, sondern etabliert das Weingut in der Fine Wine Welt. Sternerestaurants listen die Weine, Fachzeitschriften schreiben Artikel und es regnet internationale Preise. Sein 40 Jahre langes Lebenswerk wird groß gefeiert. Decanter Man of the Year in 2002 zum Beispiel. Mittlerweile führen sein Sohn Miguel Torres Maczassek und seine Tochter Mireia, also die fünfte Generation, das Weingut. Auch die können das ganz gut. Die Zeitschrift Drinks International kürt jedes Jahr die „Most Admired Brand“ in der Weinbranche: Torres ist Rekordsieger und in den letzten 10 Jahren immer in den Top 3. Auch wenn viele nationalistisch gesinnte Spanier katalanische Produkte boykottieren, gilt das nicht für Torres. Torres schwebt schon immer über der Politik. Es ist eine Weltmarke geworden und irgendwie fühlt sich jeder in Spanien (oder Katalonien) ein bisschen Stolz auf diesen so positiv wahrgenommenen Botschafter. Vergleichsmomente aus dem Sport fallen mir da ein: Dirk Nowitzki für den deutschen Basketball, Marcin Lewandowski für den polnischen Fussball und Ons Jabeur für Tennis in Tunesien und generell für Sportlerinnen in der arabisch sprechenden Welt. Das integrative Gefühl, das man in Spanien bei Torres bekommt, ist:  Eine/r von uns hat es geschafft… auch wir spielen da ganz oben mit. Ganz entscheidend für diese Entwicklung war das Jahr 1979.

Das Jahr 1979

Miguel A. Torres (*1940) hatte in Bordeaux Önologie studiert. Er stieg blutjung im Jahr 1962 ins elterliche Unternehmen ein und hat begonnen dezidiert zukunftsorientiert und international zu denken. Es wurden nicht nur neue Märkte erschlossen, sondern neue Weingüter in den Zielmärkten gegründet. Für perfekt abgestimmtes Branding braucht es eine immer gleich bleibende und wieder erkennbare Qualität. Um den Vorteil von Skaleneffekten zu nutzen, braucht man nicht nur viel Menge, sondern einfach zu reproduzierende und zu verstehende Prozesse. Torres ist immer dafür bekannt gewesen, seinen Traubenlieferanten gute Preise über dem Durchschnitt zu zahlen. Das hat ihm überall den Respekt in der Branche gebracht.

Aber eben auch dort wo Fine Wine zuhause ist, wurde Miguel A. Torres berühmt und erfolgreich gefeiert. Sein größter Coup gelang 1979. Was das Paris-Tasting von 1973 für die kalifornischen Weine bedeutete, erreichte Miguel Torres für den katalanischen und spanischen Weinbau bei diesen Gault Millau Wine Olympics 1979: Mit seinem reinsortigen Cabernet Sauvignon Gran Coronas Mas La Plana Jahrgang 1970 setzte er sich gegen die Premiers Grand Crus Classés aus Bordeaux durch. Der Aussenseiter gewinnt den ersten Platz, hoppla, woanders kann man auch guten Wein machen, nicht nur in Frankreich. Das half enorm bei der Entchauvinisierung von Fine Wine. Mas La Plana ist zwar in den letzten Jahren teurer geworden (ca. 60 Euro). Trotzdem ist er immer noch ein erschwinglicher Wein und blieb nach seines Erfolg Jahrzehnte lang auf einem vernünftigen Preisniveau (30-40 Euro). Das ist auch so eine Sache für die man Torres bewundert. Nicht abgehoben zu sein, nachdem man so erfolgreich gewesen ist. Sie sind „customer oriented“ und sprechen alle an. Also wirklich alle, nicht nur die schmerzbefreiten obersten fünf Prozent der Bevölkerung. Eine Einstellung, die man gerade jetzt bei so vielen erfolgreichen Weingütern vermisst. 

1979 war gleichzeitig auch das Jahr, als Miguel A. Torres seine Fühler nach Übersee ausstreckte und in Chile als einer der ersten Auslandsinvestoren überhaupt ein Weingut gründete. Er war dort eh schon bekannt durch seine Produkte und man machte ihm nicht das Leben schwer. Es ist inzwischen auch in Chile eine ganze Weingutsfamilie mit riesiger Produktion geworden, die in verschiedene Länder exportiert wird. Nach seinem Engagement in Chile folgte noch ein Weingut in Kalifornien, das von seiner Schwester Marimar geleitet wird. Doch auch zuhause in Spanien ist man sehr aktiv gewesen und hat in allen renommierten Weinbauregionen Projekte gestartet. Chile bedeutet aber für Torres so etwas wie eine zweite Heimat. So lange ist man hier schon involviert. 

Miguel Torres Chile

Ende der 70er gab es in den europäischen und amerikanischen Großstädten so gut wie keinen chilenischen Wein zu kaufen. Für das Überleben der Weinbranche in Chile war eine Professionalisierung und eine Ausrichtung auf die Exportmärkte der Schlüssel. Ähnlich wie in Australien, wo die Devise „Export or die“ lautete. Heutzutage ist Chile ein überaus erfolgreiches Weinbauland. Der Inlandskonsum ist zwar recht gering geblieben, aber die Exportquote ist hervorragend. Einer der Motoren für diese steile Entwicklung ist das Weingut Miguel Torres. Um dieses Engagement zu würdigen, wurde Miguel Torres der offizielle chilenische Bernardo O’Higgins-Orden verliehen. Das ist so etwas wie ein Bundesverdienstkreuz an ausländische Leute, die sich für Chile eingesetzt haben. Die Ortswahl in Chile hat sich als äußerst vorteilhaft für die Zukunft erwiesen. Auch in Chile leidet der Weinbau unter dem Klimawandel. Die klassischen berühmten Anbaugebiete wie Casablanca und Aconcagua werden langsam zu trocken. Der Trend ist aber weiter südlich zu gehen. Die Bodega Miguel Torres an sich liegt im Süden Curico-Tal. Damals war es noch ein Niemandsland und musste erst erschlossen werden. Aber Miguel Torres hat damit extrem Weitsicht gezeigt. Wofür man Torres auch überall auf der Welt respektiert, ist des Streben nach CO2-Neutralität. Miguel A. Torres ist es immer bewusst gewesen, dass ein so großes Unternehmen eben einen riesigen ökologischen Fußabdruck hat. Schon 2008 wurde das Projekt Torres & Earth ins Leben gerufen, um nach und nach den Wasser- und Energieverbrauch sowie die CO2-Emissionen in der Weinproduktion zu minimieren. Sehr ambitionierte Ziele werden für 2030 (60% Reduktion) bzw. 2040 (klimaneutrale Produktion) aufgerufen. Auch die Umstellung auf biologische Arbeitsweise ist in Chile schon vor Jahren passiert. Die neueste Errungenschaft ist die Gründung eines Bio-Siegels für chilenischen Wein. Das hübsche Siegel heißt COW und  steht für Chilenean Organic Wine. Auch hier ist Torres eines von acht Gründungsmitgliedern.

Die Weine

Miguel Torres hat auch in anderen Tälern Chiles Weinberge erworben. Insgesamt sind es so 400-500 Hektar. Wie bereits erwähnt befinden sich die meisten Weinberge eher im Süden der Weinbauzone Chiles. Man konzentriert sich auf das Curico-Tal, das Itata-Tal und auch auf das Maule-Tal, das sich hervorragende für Rotwein eignet. Daher gibt es viele verschiedene Linien im Produktportfolio, je nach Herkunft und Rebsorte. Zum Beispiel die Cordillera-Linie und die Andica Serie im mittleren Preissegment. Es sind Torres-Weine und gleichzeitig Ausdruck eines bestimmten Anbaugebiets. Diese Kombination von Marke (als Dachmarke Torres) und klar definierter Herkunft ist das Besondere. Und geschmacklich sind diese Weine sehr ambitioniert und bringen eine Intensität mit, die man in europäischen Weinregionen in deutlich teureren Regalfächern findet. Reife satte Frucht in perfekter Harmonie mit neuem Holz. Niemals anstrengend am Gaumen und -vor allem- gleich nach der Füllung schon sehr früh trinkreif. Mit diesem Erfolgsrezept hat Chile vor allem im mittleren Preissegment die alte Welt richtig alt aussehen lassen. Beispiele gibt es da genug: Montes Alpha Serie, Errazuriz Reserva oder eben die Weine von Miguel Torres. 

Cordillera de los Andes Sauvignon blanc

Ein Sauvignon aus einem sehr kühlen Mikroklima in Chile, das Osorno Tal. Relativ viel Regen und großen Tag-Nacht Unterschiede. Nicht unbedingt, weil es mit seinen 35 Metern über dem Meeresspiegel so hoch liegt, sondern weil wir hier verdammt südlich liegen. Eine vor die Anden gelagerte Mittelgebirgskette schützt das Tal vor den kalten frostigen Pazifik-Winden und somit ist der Anbau von Weintrauben möglich. Ein zwei Hektar großer Weinberg mit lehmigen Boden liefert die Trauben. Der Most wurde bei 12°C für 18 Tage Temperatur kontrolliert im Edelstahl vergoren und dann einige Monate auf der Hefe ruhen gelassen. 20% des Weins durften dafür noch ins kleine Holzfass, was dafür sorgt, dass der Sauvignon Blanc mehr Schmelz und Körper bekommt. Er ist kühl und frisch grasig, aber nicht auf die soeben geschnittene Art wie die Vertreter von der Loire, sondern schon ein wenig angetrocknet. So treffen exotische Aromen wie Passionsfrucht, Sternfrucht auf getrocknete Kräuter und Gewürze, die wir aus der Mittelmeerwelt kennen. Fenchel, Thymian und Basilikum. Am Gaumen zeigt sich die Struktur eindeutig als vollmundig-kraftvoller Sauvignon erkennbar. Das tolle ist aber diese einzigartige Stilistik zwischen Exotik und kerniger Frische. 

Andica Cabernet Sauvignon Gran Reserva

Das ist einer dieser Weine, die mich immer wieder ins Staunen versetzten und eindrucksvoll zeigen, warum Chile sich so prächtig entwickelt hat. Exaltierte Cabernet-Frucht in purer Form mit einer schokoladigen Holznote. Schwarze und rote Johannisbeeren treffen zusammen mit super reifen Herzkirschen auf die Familie Toffee. Sowohl in der Nase als auch am Gaumen perfekt nachvollziehbar, warum man die modernen Weine der neuen Welt „fruit forward“ nennt. Wir spüren schon auch das Cabernet-Tannin. Am Gaumen ist der Wein eine ganz schöne Wucht. Das ist durchaus ein sehr ernst zu nehmender Wein und gleichzeitig ist so easy going und so einfach zu verstehen. Das alles gibt es für ungefähr 10€. Wahnsinn.

22.09.2022
Datum:
Artikel: Miguel Torres Chile
Quelle: https://blog.inbarrique.de/22

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