Alto Moncayo - Campo de Borja kann auch Super-Premium

Mit Borsao haben wir uns das große genossenschaftlich organisierte Weingut angeschaut. Jetzt betrachten wir das Prestige-Weingut. Mit akribischer Genauigkeit, als ob Weinbau Bonsai-Gardening wäre, wird hier das Ende der Fahnenstange in Campo de Borja erschaffen: Die Garnachas von Alto Moncayo.
Alto Moncayo - Campo de Borja kann auch Super-Premium

Garnacha in Aragön

Wir befinden uns schon wieder in Aragön, die drei Provinzen (Zaragoza, Teruel, Huesca) fassende Autonomieregion in Inland Spaniens südlich der Pyrenäen. Der Ebro teilt das Land in zwei Anhöhen, die sich im Norden eben zu den Pyrenäen und im Süden in Richtung der Gebirgskette Sistema |berico erheben. Das Land ist karg und verlassen soweit das Auge reicht. Farblich rotbraun und sandfarben, wirklich fruchtbar ist die Erde nur in der Umgebung des Ebro, dem wasserreichsten Fluss Spaniens. Wer das spanische Klischee bedienen möchte, hier im ländlichen Aragön findet er es. Das alte Spanien, dieses technologisch etwas zurückgebliebene Land, unberührt vom Tourismus, dafür sehr stark von der katholischen Kirche geprägt. Ein Land, in dem die Sonne im Sommer alles versengt und die Menschen wortkarg und ruppig sind. Ein Land, indem nicht gerade der Bär steppt. Wer davon ein sehr plakatives Bild sehen möchte, wird beim Film „Jamön Jamön” von Bigas aus Luna aus dem Jahr 1992 fündig. Übrigens der Film, der Penelope Cruz in Spanien berühmt gemacht hat. Zurück zur Geographie: Aragön hat insgesamt 1,3 Millionen Einwohner auf einer Fläche die größer ist als Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland zusammen. Und in der Hauptstadt Zaragoza leben allein schon 670 000 Menschen, sodass man sich vorstellen kann, wie verlassen das Land ist. Ziemlich viel Platz für den Weinbau. Deswegen gibt es viele tolle Weinprojekte rund um die Rebsorte Garnacha, die neue Weine hervorbringen, die wir wiederum noch entdecken müssen. Neben Calatayud und Somontano ist eine weitere D.O. in Aragon berühmt für guten Garnacha: Campo de Borja, etwa eine 3/4 Autostunde westlich von Zaragoza. Hier gibt es vermutlich mehr alte Garnacha-Rebstöcke als sonst irgendwo auf der Welt. Einen beträchtlichen Teil davon hat sich das relativ neue Weingut Bodegas Alto Moncayo unter den Nagel gerissen.

Alto Moncayo Weinberg

Bodegas Alto Moncayo - wer steckt dahinter?

Von Weingut aus sieht man südlich die majestätischen Gipfel des gleichnamigen Naturparks Alto Moncayo. Oftmals verschneit schließt sich hier eine beeindruckende Kulisse, vor der ein Rebenmeer mit kleinen knorrigen Gabelet-Weinstöcken liegt. Der bezaubernde Ort bietet sich einfach wunderbar an als Namensgeber. In der D.O. Campo de Borja gibt es nicht viele Produzenten, nicht mal 20 an der Zahl. Diese teilen sich ca. 8000 Hektar (5000 davon nur Garnacha). Das riesige genossenschaftlich organisierte Weingut Borsao ist vielleicht ein Begriff, wenn nicht gibt es da auch einen kürzlich erschienenen Artikel in diesem Blog. Mit 92 Hektar zählt ein Weingut wie Alto Moncayo da eher zur Kategorie eines Boutique-Weingütern. Und in der Tat ist die Stockdichte in Aragön und der Ertrag pro Stock so gering, dass aus den 92 Hektar nicht einmal 200 000 Flaschen produziert werden. Dafür bräuchte man am Gardasee wiederum nur einen etwas größeren Vorgarten.

Lange Zeit wurde hier nur Fasswein für große Abfüller oder offener Wein für den lokalen Markt gemacht. Mit Gründung der D.O. im Jahre 1978 etablieren sich einige abfüllende Betriebe und die Region bekommt langsam etwas nationale Bekanntheit. Die erfolgreiche Arbeit von Borsao weckt das Interesse auswärtiger Investoren an diesem tollen Terroir für die Rebosorte Garnacha. Auch sie feiert unlängst ein weltweites Revival. So tun sich 2002 Jorge Ordonez und Juan Gil zusammen und gründen Alto Moncayo mit dem Ziel auf diesem einzigartigen Fleck Erde endlich auch einzigartige Weltklasse-Weine zu erzeugen. Ordofez ist Importeur spanischer Weine in den USA. Die überaus erfolgreiche Winzerfamilie Juan Gil aus Jumilla führt in verschiedenen Regionen Spaniens elf Weinprojekte, die unter dem Dach der Firma Orowines vermarktet werden. Die Weingüter arbeiten aber alle unabhängig voneinander, nutzen aber die Synergien eines gemeinsamen Marktauftritts und gemeinsamer Absatzkanäle. Vor Ort werden die Entscheidungen und Prozesse-maßgeschneidert zu den lokalen Gegebenheiten und Bedürfnissen- von Locals getroffen. So sind wichtige Leute von Borsao bei Alto Moncayo mit von der Partie. Aktuell ist der Geschäftsführer Jose Miguel Sammartin, der auch bei Borsao das Heft in der Hand hat. Unglaublich wertvoll für die Beurteilung von Weinbergen, die das Projekt benötigte. Sie kennen die Gegend einfach sehr gut.

Es wurden von Beginn an auch önologische Berater hinzugezogen. Bei Alto Moncayo ist zum Beispiel der australische Top-Winemaker Chris Ringland zuständig, was das Winemaking eben mit den internationalen Marktanforderungen in Einklang bringt. Es steckt also keine romantische Familiengeschichte dahinter, die einem das Erzählen einfach macht. Alto Moncayo ist eher wie ein Künstlerprojekt zu sehen. Absolute Profis auf ihrem Gebiet ziehen an einem Strang und wollen eins: Terroir-Garnacha machen so gut es möglich ist.

Alto Moncayo Reben Wurzel

Bodegas Alto Moncayo - wie wird gearbeitet?

Die Pflege der Weinberge ist das A und O. Minutiös werden die alten Stöcke gehegt und gepflegt, dass man eine neue Berufsbezeichnung machen könnte: Den Weinbergsaltenpfleger. Die meisten haben nämlich ein Alter von 50-100 Jahren und werden nicht bewässert. Sie liegen auf 500-800 Metern über dem Meeresspiegel. Die Bodenauflage ist recht dünn und karg. Die Wurzeln reichen tief in die darunter liegenden Tonschichten und versorgen die Reben über die sommerlichen Dürreperioden. Die kühlen Nächte führen zu einer späten Reife. Das bringt harmonische Tannine und frische, piekfeine Fruchtaromen. Die alten Reben tragen aber auch nicht viel. bei nur ca. 15 Hektolitern pro Hektar kommt einfach eine immens druckvolle, süßliche Frucht in die Erntekisten. Selbstverständlich Handlese. Dazu modernste Technik im Weinkeller. Alle Weine werden in kleinen Holzfässern ausgebaut, Top-Qualität an französischen und amerikanischen Barriques. Den Weinen wird auch genug Zeit gelassen, das Holzfassaroma zu integrieren, eben zu reifen, bevor es auf den Markt geht.

Schon der „Einstiegswein” liegt 16 Monate im Fass. Mit all dem Aufwand und dieser teuren Expertise muss man dann schon Premium-Produkte erschaffen, die einen gewissen Deckungsbeitrag bringen. Daher gibt es eigentlich auch keinen Einstiegswein bei Alto Moncayo, sondern drei im Holz ausgebaute, sehr anspruchsvolle Rotweine aus der Rebsorte Garnacha. Schluss aus fertig, Take it or leave it. Wenn man neu startet, macht man sich das Leben nicht schwer mit halbtrockenem Kerner oder Dornfelder lieblich. Die Zielgruppe ist nicht traditionell lokal, sondern international gedacht. Man spricht den Liebhaber auf der ganzen Welt an, der weiß, dass Qualitätsweinbau einen gewissen Preis kostet. Und für das was er dann im Glas finden kann, ist der Preis von Alto Moncayo wiederum erstaunlich fair.
 

Alto Moncayo Weinberg

Zwei Mal schon 100 Parker Punkte

Die internationale Kritik überschlug sich nahezu mit guten Bewertungen. 2007 und 2009 gab es für den Alto de Moncayo Garnacha jeweils 100 Parker Punkte. Einmal 100 Punkte bedeutet einen Durchbruch. Zweimal bedeutet, man hat sich in der internationalen Spitzenklasse etabliert. Wenige Weingüter in Spanien bekommen die Ehre von 100 Parker Punkten. Da scheinen die Premier Crus aus Bordeaux oder Cabernets aus Napa Valley schon aus einer günstigeren Position ins Rennen zu starten. Doch jedes Jahr bekommt jeder Wein von Alto Moncayo bei Parker eine sehr gute Benotung jenseits der 90 Punkte. Das Erstaunliche ist aber, dass nicht der teuerste Weine des Portfolios die 100 Punkte bekam, sondern der im mittleren Segment. 100 Punkte Parker für 30€ hat auch ziemlichen Seltenheitswert. Auch bei James Suckling und der Guia Penin werden die Weine mit Top-Bewertungen überhäuft. Irgendwie scheinen sie den internationalen Premium-Geschmack zu treffen. Die Weine sind schwer und üppig, aber niemals überladen und reifen relativ bald zu einer äußerst komplexen Aromenwelt heran. Vielleicht ist das ihr Geheimnis: Eleganz bei maximaler Power und früher Zugänglichkeit.

Rebstock

Die Weine

Veraton

Aus den jüngeren Anlagen, also 40-60 Jahre alt. 16 Monate im Barrique und unfiltriert abgefüllt. Bietet einen warmen, balsamischen Charakter von Garnacha an und schließt mit feiner, kühler Johannisbeerfrucht ab. Druckvoll am Gaumen und ewig lang im Abgang. Der preisliche Einstieg bei Alto Moncayo ist schon ein großer Wein.

Alto Moncayo

Volumenmäßig ist der Alto Moncayo das Schlachtschiff und gleichzeitig ist es die Visitenkarte des Weinguts. Hier gehts um den Hausstil, also was haben die Weinmacher im Kopf, daraufhin wird jedes Jahr gearbeitet. Und Alto Moncayo ist jedes Jahr einfach eine Wucht. Er zaubert mit einer irre machenden Intensität ein breites Lächeln auf die Lippen des Genießers und versetzt ob seiner Länge am Gaumen ins Staunen. 20 Monate im Barrique mit einem höheren Neuholz-Anteil als beim Veraton. Die kraftvollere Struktur verträgt eben mehr Röstaromatik und die dunklen Fruchtaromen sind konzentrierter. Großartiger Stoff.

Aquilöon

Die Auswahl der besten Fässer den ältesten Lagen ist natürlich dann der beste Wein, der möglich ist. Die Produktion ist aber limitiert und der Unterschied von Alto Moncayo zu Aquilön meines Erachtens eher ein Capricho als eine Notwendigkeit. Wer aber die Idee von Alto Moncayo in einer schieren Konzentration verdichtet schmecken will, wird mit dieser Essenz von Garnacha eine kleine atomare Kernschmelze am Gaumen erleben.

21.11.2022
Datum:
Artikel: Alto Moncayo - Campo de Borja kann auch Super-Premium
Quelle: https://blog.inbarrique.de/26

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