La Rioja Alta S.A. - ganz oben mit dabei

Um Verwechslungen zu vermeiden, muss erstmal geklärt werden, dass die Weinbauregion Rioja sich in drei Bereiche unterteilt.
Winemaker La Rioja Alta: Julio Sáenz
Winemaker La Rioja Alta: Julio Sáenz

Eines davon heißt Rioja alta, also die höher gelegene Rioja, im Unterschied zur tiefer gelegenen den Ebro flussabwärts sich erstreckenden Rioja baja, die sich jetzt lieber Rioja oriental nennen möchte, weil baja halt nicht so toll klingt. (Bei der Spülmittelwerbung haben die Paelleros aus Villarriba die Pfanne auch schneller wieder sauber bekommen als die von Villabajo.) Dann gibt es da noch die Rioja Alavesa, benannt nach der Provinz Alava im Baskenland. Kurz und gut, genug Vorgeplänkel, hier geht es nun aber um die Weinfirma La Rioja Alta S.A., ein privates Weingut mit einer langen Tradition, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht und das wie kaum ein anderes die Geschichte des modernen spanischen Weins mitgeprägt hat.

Wieder ganz oben mit dabei 

Erst gestern habe ich die Nachricht in der Zeitschrift Decanter gelesen, dass La Rioja Alta 35 Hektar mit mindestens 45 Jahre alte Reben in Elvillar (Rioja Alavesa) gekauft hat. Im Schnitt liegen die auf 600 Metern über den Meeresspiegel und sind allesamt für den Anbau höchster Qualitäten geeignet. Bis zu insgesamt 75 Hektar neue Weinberge sind bis Ende 2022 vorgesehen. Einfach so zack, werden die weggeschluckt. Das ist eine ganze Menge an Investition. Das zeigt aber auch, dass La Rioja Alta auf sehr stabilen Füßen steht und nicht nur ein historischer Koloss der Rioja ist, sondern unternehmerisch ganz groß und vorne mit dabei in Spanien. Bestätigt wird das gerade bei der Zeitschrift Drinks International, die jährlich die Liste der Most Admired Winebrands herausgibt. Das ist ein wichtiger Gradmesser für das internationale Renommée der Weingüter. Es kommt auf die weltweite Reichweite aber eben auch auf die Qualität der Produkte an. Führende unabhängige Persönlichkeiten der gesamten Weinwelt erstellen gemeinsam eine Rangliste. Es finden sich da immer so Namen wie Penfolds aus Australien, Torres aus Katalonien, Antinori aus Italien etc. und La Rioja Alta wurde 2022 auf den vierten Platz gewählt. Das Erstaunliche ist aber der Riesensprung von Position 50 im Vorjahr auf vier. Alle Achtung und herzlichen Glückwunsch für diese globale Anerkennung. Solch großen Unternehmungen gegenüber neigen wir nach Terroir und Regionalität suchende europäischen Weinliebhaber oft eher kritisch gegenüber zu stehen. Die Stimmen werden laut, die behaupten Qualität und Quantität gehen dann zwangsläufig auseinander. Es gehe dann ja sowieso nur um den schnöden Mammon. Ist das so in der Rioja, speziell bei La Rioja Alta? Auf irgendeine Weise war La Rioja Alta bei mir immer positiv besetzt. Liegt das vielleicht an dem umwerfenden 2004 Viña Ardanza, der mir vor Jahren blind vorgesetzt wurde? Vielleicht liegt es auch an dieser stolzen Haltung, Weine zu machen, wie sie immer schon gewesen sind. Sachte und bedacht mit dem Phänomen Zeit umzugehen und sich nicht beim Konsumenten anbiedern zu müssen. Aber darauf kommen wir später noch zu sprechen.

La Rioja Alta Lounge
La Rioja Alta

Ein fester Platz in der Geschichte der Rioja

Wir befinden uns im Bahnhofsviertel von Haro, der heimlichen Hauptstadt der Rioja. Über die Bedeutung des Bahnhofs in Haro könnte man Bände füllen, in gepflegter Nachbarschaft sind dort die namhaftesten Weingüter der Gegend. Gegenüber sitzt Roda, im Rücken Muga. So wie Tondonia – R. Lopez de Heredia erzeugt La Rioja Alta Weine, die absolut trinkfertig auf den Markt kommen und noch Jahrzehnte reifen können, eine absolut zeitlose Stilistik mit Weinen, denen die Zeit anscheinend nichts anhaben kann.

Im Jahre 1890 geht die Geschichte los, als sich fünf Winzer zusammentun und die Gesellschaft „Sociedad Vinícola de la Rioja Alta“ gründen. Im Jahre 1904 fusioniert dann das Weingut Bodega Ardanza mit dieser Gesellschaft und 1941 wird der heute noch existierende Name eingetragen: Einfach nur „La Rioja Alta S.A.“ Als ob sie einer langen Tradition voraussehen würden, hat man bei La Rioja Alta die besten Weine, Gran Reserva 904 und Gran Reserva 890 nach ihren Entstehungsjahren benannt. Seit 1941 wird auch das Aushängeschild im mittleren Preissektor und einer der beliebtesten Rotweine Spaniens, der Reserva Viña Ardanza, hergestellt. Es sind noch viele weitere Etiketten dazugekommen und ganze Weingüter in anderen Regionen wurden gegründet. Das alles aufzudröseln würde hier zu weit führen.

Mittlerweile verarbeitet La Rioja Alta Trauben aus ungefähr 750 Hektar, zu 100% gehören ihnen die Weinberge, was in der Rioja oft nicht der Fall ist. Trauben- oder Weinzukauf ist Gang und Gäbe und heißt nicht, dass es schlechter sein muss, aber bei La Rioja Alta ist man nicht nur traditionell in der Stilistik, sondern im positiven Sinne pedantisch was den Qualitätsanspruch betrifft. Aber vor allem weiß man seit mehr als einem Jahrhundert, wie man die Messlatte für einen traditionellen Rioja aufhängt.

Sie blieben ihrer Überzeugung des klassischen Riojas treu und passten sich nicht an, weil „der Markt“ es so vorschrieb.

Exkurs: Wie schmeckt eigentlich ein Rioja?

Diese Frage ist eine der umstrittensten der spanischen Weinszene und die Antworten werden immer unterschiedlicher. Früher waren alle so wie die von La Rioja Alta. Mittlerer Körper, leuchtend-durchscheinendes Granatrot und ein feiner rotfruchtiger Säurenerv stützte den Wein und konserviert ihn schwerelos. Drum herum entwickeln sich die würzigen Holznoten und die Tertiäraromatik der Flaschenreife. Hervorragende Jahrgänge wie 1961 kann man immer noch mit sehr viel Genuß trinken. Ich wiederhole mich gerne. Sie sind schon reif, wenn sie auf den Markt kommen und bleiben auch noch sehr lange so. Natürliche gab es bessere und schlechtere Versionen davon, hochgelobte Klassiker die einen und die anderen beinahe schon oxidiert, da wurden sie gerade auf den Markt geworfen. Vor allem der deutsche Markt konnte diese Stilistik so gar nicht verstehen, weil es halt nicht unbedingt um Primärfrucht geht bei diesen Weinen.

In den letzten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts hat dann ein anderes Weingebiet Spaniens die Regeln neu definiert. Die Ribera del Duero forderte zum Duell. Längere Gärungen bei niedriger Temperatur, deutlich reduktivere und fruchtigere Moste kamen da in neue und nicht gebrauchte Fässer. Kürzerer dafür intensiverer Holzeinsatz vor allem mit französischer Eiche ließen die Weine früher trinkreif und expressiver erscheinen. Sie waren auch deutlich körperreicher und erfolgreicher am internationalen Markt. Parker hatte ein neues Rotwein-Mekka und in der Ribera del Duero gab es vor und hinter jedem Baum ein neues Weingut.

Die Rioja reagierte natürlich, modernisierte sich (wie sich die ganze Weinwelt natürliche modernisierte) und es entstanden auch solche Weine in der Rioja, die „tintos de alta expressión“ und die „vinos de autor“ sowie „Super-Reservas“ oder wie auch immer die Kategorie heißen soll... Beispiele sind der Baron de Chirel von Riscal oder der Torre Muga. Diese intensiven, dunklen und schwere Edel-Rotweine mit deutlich höheren Neuholzanteilen eroberten die Welt im Flug. Traditionalisten wie La Rioja Alta schauten in die Röhre und galten als veraltet. Und genau hier liegt für mich das Bewundernswerte bei La Rioja Alta. Sie blieben ihrer Überzeugung des klassischen Riojas treu und passten sich nicht an, weil „der Markt“ es so vorschrieb (als ob es nur einen gäbe). Dank dieser Beharrlichkeit ist mittlerweile die Rioja eines der weltweit spannendsten Gebiete, weil wir so viele verschiedene Stilistiken vorfinden, ob üppig oder schlank, mit Vorliebe für amerikanisches oder französisches Holz und alle möglichen Facetten zwischendrin.

La Rioja Weinberge

Der letzte Impuls kommt mit burgundischem Konzept von Terroir oder wie man hier sagt: „terruño“. Der Fokus liegt auf den einzelnen Weinbergsparzellen und man stellt die einzelnen Dorfgemeinden nach ihrer Herkunftstypizität ins Rampenlicht. Exzessiver Holzeinsatz kommt da nicht mehr in Frage, Wein sei ja kein Tischlerhandwerk.

In der Fine-Wine-Welt steigt überall die Nachfrage nach schlanken und eleganten Rotweinen und so werden auch die Klassiker wie La Rioja Alta wieder gehypt. Von einigen Märkten wie dem deutschen quasi neu entdeckt. Sie waren und sind aber schon immer von hervorragender Qualität gewesen. La Rioja Alta fühlt sich bestätigt und ich denke nicht, dass sie in absehbarer Zeit irgendwas an ihrer Arbeitsweise ändern werden. Ich hoffe es jedenfalls sehr, denn im Gegensatz zu so vielen austauschbaren Weinen sind die Weine von La Rioja Alta „Weine, die die Welt unbedingt braucht“, damit sie nicht langweilig wird.

Im Folgenden eine kurze Beschreibung der drei wichtigsten Weine von La Rioja Alta mit einer nachdrücklichen Empfehlung, sich die doch bitte in den Keller zu legen. Es lohnt sich trotz steigender Preise immer noch sehr.

Reserva Viña Ardanza

Reserva Viña Ardanza 2015 (laut Chief Winemaker Julio Sáenz der beste Jahrgang seit langem). Er besteht aus 78% Tempranillo und 22% Garnacha, wird drei Jahre in gebrauchten amerikanischen Barriques (Zweit- und Drittbelegung) ausgebaut und verkörpert auf eine sehr einfach zu verstehende Art diese Stilistik, die für viele altbacken scheint, wohl aber die klassische aller Rioja-Typizität

en verkörpert. Eher ein schlanker Körper, frische rote und dunkle Frucht und eine ordentliche Tertiäraromatik voller Vanille, Kokos, Leder, Zigarrenkiste. Er begleitet mühelos alle nicht zu deftigen Gerichte der mediterranen Küche, überfährt sie nicht wie viele spanische Highend-Weine. Perfekt zu Lamm, Kartoffelgerichte und Hühnchen. Sehr gerne auch zu kräftigen Fischgerichten. Im Baskenland trinkt man zum Bacalao (Winterkabeljau) so einen Rioja Reserva wie den Viña Ardanza.

Gran Reserva 904

Für den Gran Reserva 904 2011 wurden 89% Tempranillo aus mindestens 60 Jahre alten Stöcken und 11% Graciano verwendet. Ganze vier Jahre in selbst hergestellten Barriques aus amerikanischer Eiche (Viert- und Fünftbelegung). Seit November 2016 auf der Flasche und jetzt auf den Markt gekommen. Ein Festspiel an zart eingekochten Fruchtnoten und würzig-balsamischen Reifetönen: Brombeeren, Sauerkirschen, Thymian, Zedernholz, Lakritz, Kokos, Kakao und Orangenzeste. Ein zarter frischer Zug belebt am Gaumen diesen doch sehr eleganten und getragenen Weinstil. Es heißt ja Tempranillo hätte wenig Säure. Na klar, mir stellen sich nicht die Fußnägel auf, aber ich vermisse auch gar nichts. Das Tannin, superfein feinstes mehliges Gefühl auf der Zunge und unter der Oberlippe... phantastisch. Ein Rotwein für die besonderen Momente mit edlen Fleischgerichten wie einem Filet mignon mit schwarzen Trüffeln zum Beispiel.

Gran Reserva 890

Bei großen Häusern werden die Topweine nicht fetter sondern feiner länger anhaltend im Nachgeschmack. Und genau das trifft beim Flaggschiff von La Rioja Alta, dem Gran Reserva 890 zu. 2010 war einer der besten Jahrgänge überhaupt und ob des etwas kühleren, atlantischen Einflusses auf das Klima in diesem Jahr ist hervorragend für eine ganz lange Reifung geeignet.

95% Tempranillo aus den besten Parzellen des Weinguts, 2% Mazuelo, die zusammen mit dem Tempranillo vergoren werden und 3% Graciano kommen in die Cuvée. Der Wein verbringt dann 6 Jahre in gebrauchten Fässern, eine Auswahl der besten Holzfässer natürlich. Wunderbarste Harmonie offenbart sich hier: Kirschkompott mit Vanille, Zedernholz, Pfeffer, Kakao und Wildleder. Niemals knallig und überladen, sondern delikat zusammengesetzt, als ob der Önologe ein Origami-Künstler sei. Was mich fasziniert ist auch wie viel Flaschen eines so tollen Weins entstehen. Jeder Winzer kann ein gutes Fass machen und den Wein teuer verkaufen. Aber bei La Rioja Alta machen sie unglaubliche 237 Fässer, etwas mehr als 60000 Flaschen davon. Trotzdem werden die bei weitem nicht reichen, weil er weltweit begehrt wird.

Viña Alberdi 2018

Reichliche Niederschläge im Winter und Frühjahr sorgten dafür, dass die Weinberge in den ersten Monaten der Vegetationsperiode in einem hervorragenden Zustand waren. Die Reifephase verlief reibungslos mit guten Qualitätsparametern. Die diesjährige Ernte war geprägt von der sorgfältigen Auswahl der Trauben sowohl im Weinberg als auch in der Kellerei. Insgesamt bestechen die Weine durch ihren im Vergleich zu den Vorjahren geringeren Alkoholgehalt, die Finesse der Roten, mit intensiven und lebendigen Farben, sowie ihre Ausgewogenheit am Gaumen.

100% Tempranillo aus den Weinbergen Mayorita, Rebollar und Bardal sowie ausgewählten Parzellen in El Palo, Rodezno und Alto del Rey, Labastida. Diese Weinberge befinden sich auf einer Höhe von 500 bis 600 Metern (1600 bis 2000 Fuß) über dem Meeresspiegel und wurden vor mehr als 40 Jahren auf kalkhaltigen Lehmböden gepflanzt.

Leuchtendes, tiefes Rubinrot mit dunklen kirschroten Reflexen am Glasrand. Er zeichnet sich durch seine Intensität aus, mit Aromen von roten Früchten (Erdbeeren, Himbeeren, rote Johannisbeere und Kirsche), die zu eleganten Noten von Vanille, Toffee, Kaffeesahne, Zimt, Brioche und Haselnüssen führen. Am Gaumen sticht die Balance zwischen Säure und Alkohol hervor, mit weichen, süße, abgerundete Tannine und ein angenehmes Finale.

Viña Arana Gran Reserva

Das gute Wetter während des gesamten Zyklus begünstigte einen hervorragenden vegetativen und hygienischen Zustand, wodurch ein Gleichgewicht aller Komponenten der Traube erreicht wurde, insbesondere derjenigen aus den höchsten Weinbergen, aus kühleren Gebieten und mit mäßiger Kraft. Die gewonnenen Weine zeichnen sich durch ihre elegante Säure aus, mit einer intensiven Fruchtladung, sehr seidigen und ausgewogenen Tanninen, die ihnen bemerkenswerte Bedingungen für die Reifung verleihen.

Die Basissorte ist Tempranillo (95 %) von den Weingütern Las Cuevas, El Palo und Las Monjas in Rodezno, zusammen mit 5 % Graciano vom Weingut Montecillo in Fuenmayor.

Es zeichnet sich durch seine intensive kirschrote Farbe aus, mit einer mittelhohen Schicht und einem eleganten Granatrand. In der Nase enthüllt er eine breite Palette von roten Früchten, Pflaumen, Brombeeren und Preiselbeeren, gewürzt mit subtilen Noten von Gebäck, Kaffee, Karamell, Zeder, Vanille und Zimt, die ihm ein fruchtiges und balsamisches Bouquet verleihen. Am Gaumen zeichnet er sich durch das Gleichgewicht zwischen Alkohol und Säure, Frische, mit polierten und freundlichen Tanninen aus, die ihm eine raffinierte Struktur und einen frischen und zarten Gaumen sowie einen langen Nachgeschmack verleihen.

06.04.2022
Datum:
Artikel: La Rioja Alta S.A. - ganz oben mit dabei
Quelle: https://blog.inbarrique.de/10

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